[quote="dragon89":1aj[album]0[/album]5z]So auch leider wieder einmal vor ein paar Wochen an der Haltstelle Musikhochschule passiert, durch Musik in den Ohren.[/quote:1aj[album]0[/album]5z]
Hoffentlich geraten nicht viele unter die Räder ...
Am Sonntag, den 13.10.1901 wusste die Freiburger Zeitung zu berichten:
"[i:1aj[album]0[/album]5z][b:1aj[album]0[/album]5z][size=150:1aj[album]0[/album]5z]Zur ersten Fahrt der Elektrischen.[/size:1aj[album]0[/album]5z][/b:1aj[album]0[/album]5z]
[b:1aj[album]0[/album]5z]ap. Freiburg[/b:1aj[album]0[/album]5z], Anfang Oktober 1901.
Vor der Technischen Hochschule in Berlin steht das Denkmal eines Mannes, dessen gewaltiger Errungenschaft, die Entdeckung des dynamo-elektrischen Prinzips, wir einen ungeahnten Aufschwung des gesammten Straßenbahnwesens verdanken. Dieser Mann ist Dr. [u:1aj[album]0[/album]5z]Werner v. Siemens[/u:1aj[album]0[/album]5z], der Begründer des Welthauses Siemens & Halske, derselbe Mann, der im Jahre 1879 zum ersten Male, bei Gelegenheit der Berliner Gewerbeausstellung, die Elektrizität als Zugkraft praktisch verwerthete. Nicht geringes Aufsehen erregte damals die kleine elektrische Lokomotive, welche mit einigen leichten Wagen über den Ausstellungsplatz glitt. Diese Bahn galt s. Z. als ein Spielzeug und nur Wenige ahnten, welch gewaltige Bedeutung sie für die Zukunft haben würde. Siemens forschte nach Verbesserungen, erstrebte Fortschritte, bis er 1887 in Paris zum ersten Male eine Bahn mit Oberleitung baute, deren Einführung in Deutschland allerdings erst im Jahre 1891 geschah. Bis Mitte 1899 wurden dann in Deutschland bereits rund 3500 Kilometer elektrische Straßenbahnen von etwa 6000 Motor- und 2000 Anhängewagen befahren.
Wer in den letzten Jahren die Entwickelung des Straßenbahnwesens in größeren Städten verfolgte, wird deutlich anerkennen, daß das Bestreben besteht, vorhandene und erweiterungsfähige Straßenbahnen mit Pferdebetrieb in solche mit elektrischen Betrieben umzuwandeln, sowie Neuanlagen für elektrische Zugkraft einzurichten. Dieses Bestreben erklärt sich ohne Weiteres aus den zahlreichen Vorzügen, die eine elektrische Straßenbahn vor einer Pferde- oder Dampfbahn auszeichnen und sie zu einem der Jetztzeit entsprechenden Verkehrsmittel stempeln, da es schnell befördert, bequem und billig zu benutzen ist und sich leicht dem übrigen Straßenverkehr anpaßt.
Von dem Bestreben: die Straßenbahn mit Pferdebetrieb in eine elektrische Bahn umzuwandeln, waren auch die Väter der Stadt Freiburg ausgegangen. Bei Berathung über die Vorlage wegen Errichtung einer elektrischen Zentrale und einer elektrischen Straßenbahn sagte der Herr Oberbürgermeister: „Das neue Verkehrsmittel Freiburgs müsse als ein den Verhältnissen der Neuzeit entsprechendes strahlenförmiges Netz von Kleinbahnen von Freiburg ausgehen nach allen Hinterländern. Die zuerst vorgeschlagenen vier Linien (durch die Kaiserstraße, von einem Bahnhof zum andern, nach dem Nägelesee und nach Güntersthal) müßten den Anfang dazu bilden. Für den Verkehr in Freiburg sei der elektrische Betrieb an der Zeit; je mehr sich ein Massenverkehr entwickle, umsomehr würde die Bahn auszunutzen sein. Die [u:1aj[album]0[/album]5z]oberirdische Leitung[/u:1aj[album]0[/album]5z], zu der man sich entschlossen habe, sei zur Zeit am meisten bewährt.“
Nach diesen Grundsätzen ist denn auch die Bahn gebaut. Über den Verlauf der Arbeiten ist seiner Zeit ausführlich berichtet worden. Eine allgemeine kurze Beschreibung der elektrischen Bahn – mit Ausschluß der schon in diesem Blatt eingehend geschilderten Zentrale – sei hier angefügt:
Bei allen elektrischen Bahnen mit oberirdischer Stromführung wird in einem Werk die elektrische Kraft erzeugt und von dem einen Pol der Dynamomaschine aus durch eine oberirdische, an Querdrähten aufgehängte Drahtleitung über das ganze Bahnnetz verteilt. An jeder Stelle der Bahn können somit die Wagen mit Stromabnehmer der Leitung Strom entnehmen und zu ihrer Fortbewegung ausnutzen. Die Rückleitung des Stromes erfolgt durch die Fahrschienen. Hiernach sind die wesentlichen Theile einer derartigen elektrischen Bahn wie der unsrigen: die [u:1aj[album]0[/album]5z]Gleise[/u:1aj[album]0[/album]5z], die [u:1aj[album]0[/album]5z]oberirdische Stromführung[/u:1aj[album]0[/album]5z], das [u:1aj[album]0[/album]5z]Kraftwerk[/u:1aj[album]0[/album]5z] und die [u:1aj[album]0[/album]5z]Wagen[/u:1aj[album]0[/album]5z].
Für die Gleise sind bei der Freiburger Anlage 180 mm hohe Stahlschienen von hoher Festigkeit mit eingewalzter Rille verwendet worden; der Oberbau wiegt pro laufendes Meter Gleis etwa 90 Kilogr. Die Schienen sind im Allgemeinen 12 Meter lang und durch eine besondere Laschenkonstruktion (den Schmidtschen Halbstoß) mit einander verbunden, welcher ein [u:1aj[album]0[/album]5z]stoßloses Fahren der Wagen gewährleistet[/u:1aj[album]0[/album]5z]. Die elektrische Verbindung der einzelnen Schienen für die Stromrückleitung erfolgt durch die an den Schienenstößen angebrachten Schienenverbindungen, welche aus Kupferdrähten von 11 mm Durchmesser bestehen. Die Unterbettung der Gleise wurde in Freiburg in solider Weise hergestellt, um spätere Gleissenkungen zu vermeiden. Das Schienenfundament besteht aus einer etwa 20 Zentimeter hohen Packlage; die Zwischenräume bei den einzelnen Steinen wurden mit Zementmörtel ausgefüllt. Auf die Packlage wurde eine Stopfschotterschicht von etwa 10 Zentimeter Höhe aufgebracht, auf welcher die Schienen lagern.
Der in dem Kraftwerke an der Weißstraße erzeugte elektrische Strom läuft durch unterirdisch verlegte Kabel zu den beiden kleinen Schalthäuschen, von denen das eine an der Ecke der Bertholdstraße und Wilhelmstraße, das andere auf dem Platze vor der Johanniskirche aufgestellt ist. Von den Schalthäuschen wird der Strom den über den Gleisen hängenden sogen. Arbeitsleitungen zugeführt. Die Rückleitung des Stromes von den Fahrschienen zu den Schalthäuschen und von diesen zum Kraftwerke geschieht in gleicher Weise durch unterirdische Kabel. Die vorgenannten Arbeitsleitungen bestehen aus Hartkupferdrähten von 8 mm Durchmesser, von denen die Wagen mittels der Stromabnehmer den erforderlichen Strom abnehmen. Die Arbeitsleitungen sind entweder mit Stahldraht an gegenüberstehenden Masten oder Häusern aufgehängt, wie z. B. in der Zähringerstraße und Kaiserstraße oder mit eisernen Auslegern an seitlich von den Gleisen aufgestellten Masten, wie auf der Straße nach Güntersthal. Die Arbeitsleitung ist in Strecken eingetheilt, welche von einander isolirt werden können und von welchen jede durch Hörnerblitzableiter gegen Blitzgefahr geschützt ist. Die Trennung zweier Leitungsstrecken von einander geschieht durch Schalter, welche an den Leitungsmasten oder den Häusern in verschlossenen Kästen angebracht sind und durch 2 Drähte mit den beiden Theilen der Leitung in Verbindung stehen. Als Stromabnehmer ist bei der Freiburger Anlage der Gleisbügel verwendet worden, welcher vor der anderwärtig (besonders in Amerika) gebräuchlichen Rolle große Vortheile besitzt, und sie nicht nur in Hinsicht auf Sicherheit und leichtere Handhabung im Betriebe übertrifft, sondern auch auf Billigkeit und Unauffälligkeit der Leitungsanlagen wesentlichen Einfluß ausübt.
Über die Einrichtung des Kraftwerks an der Weißstraße und über die elektrischen Wagen haben wir bereits früher berichtet. Es sind im Ganzen 31 Wagen vorhanden, von denen 27 mit je zwei Elektromotoren ausgerüstet sind. Die übrigen vier Wagen besitzen keine Motoren, sie werden als Beiwagen den Motorwagen bei starkem Verkehr angehängt.
Der Betriebsbahnhof, in welchem die Wagen untergebracht sind und wo ihre Revisionen und Reparaturen vorgenommen werden, liegt bekanntlich an der Urachstraße neben dem Hotel Hohenzollern. Eine Weichenstraße mit 6 Gleissträngen führ in den Bahnhof hinein. In dem stattlichen Gebäude, unmittelbar neben dem Hotel Hohenzollern, wird die Betriebsleitung der Straßenbahn ihren Sitz nehmen.
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[size=85:1aj[album]0[/album]5z]Heio! was leuchtet ruhig groß wie vollen Mondes Scheibe her?
Was gleitet auf der glatten Bahn durchs tosende Getreibe her?
Nicht Hufgeklapper kündigts an, nicht Rauch, noch rasselnd Steuerwerk -
Heio! es naht die Königin im blauen Funkenfeuerwerk.[/size:1aj[album]0[/album]5z]
Diese Königin im blauen Funkenfeuerwerk, wie Ernst v. Wolzogen die „Elektrische“ nennt, sie ist nun auch uns geworden. Am Montag wird die Bahn, nachdem sie am Freitag von der Staatsbehörde besichtigt und geprüft und der Stadt übergeben worden ist, zum ersten Mal „offiziell“ durch die Hauptstraßen der Stadt Freiburg fahren; man kann dann mit Recht in das Lied Wolzogens einstimmen:
[size=85:1aj[album]0[/album]5z]Das schwirrt und summt wie Bienensang,
Es glühn und sprühn die Schienen blank,
Das knattert und knittert wie helles Gekicher,
Das surrt und singt und saust so sicher,
Am Draht mit leichtem Streichen hin -
Klick, klack, klirr! über die Weichen hin.[/size:1aj[album]0[/album]5z]
Man hat dem „sausenden Ungethüm“ während der Probefahrten nachgeblickt und mitleidigen Blickes hat man dabei den Tramwagen gestreift, der zufällig den Weg der Elektrischen kreuzte. Welch ein Unterschied! Die Veränderung des Verkehrs für unser Stadtleben durch die elektrische Straßenbahn entspricht ungefähr jener, die Anno dazumal durch die Eisenbahn für den Reiseverkehr nach unserer badischen Umgebung herbeigeführt wurde. Was für ein überlebtes Ding in unserer schnell angewachsenen Stadt die Pferdebahn geworden ist, das merkt man so recht erst jetzt, wo sie vor der letzten Fahrt steht und mit der Zukunftsbahn verglichen werden kann. Freilich war das alte Verkehrsmittel auch ein harmloses Ding; Furcht hatte man nicht vor ihm.
Die elektrische Bahn bringt neben ihren Vorzügen Gefahren in das Straßenleben, vor denen ruhige Überlegung am besten schützt. Vor Allem Eins: rechts ausweichen! Aber während man selber richtig rechts abbiegt, hält es ein Entgegenkommender vielleicht für stilvoll, nach links zu springen. Dann pflegt wohl der, der richtig rechts auswich, aus reiner Gutmüthigkeit links auszuweichen, indessen dem Anderen plötzlich einfällt, daß das Rechts-bei-Seite-treten das einzig Wahre ist. Und so giebt es ein kleines fixes Akrobatenkunststück, das erheitern kann – wenn die Elektrische nicht etwa in der Nähe ist. Denn dann wird „der Lust ein End‘ gemacht.“ Radler und Fußgänger sollten sich nicht zwischen den Schienen aufhalten; ebenso ist es thörichter Sport, kurz vor dem Heranrollen der Elektrischen noch flink den Schienenweg zu überschreiten. Man mag seine Sinne noch so scharf auf die drohende Gefahr richten; man mag noch so sicher die Entfernung und die Zeit zu ihrer Überwindung berechnen – was hundertmal glücklich geräth, kann das nächste Mal fehlschlagen. In Fürsorge macht der Freiburger Stadtrath angesichts der bevorstehenden Betriebseröffnung der Bahn in einer öffentlichen Bekanntmachung auf die Gefahren aufmerksam, welche [u:1aj[album]0[/album]5z]Unachtsamen[/u:1aj[album]0[/album]5z] aus diesem Betriebe erwachsen können. Wenn sich Alle hauptsächlich die darin aufgeführten vier Regeln einprägen, wird die Elektrische wenig oder gar kein Unheil anrichten.
Wenn in unserem Schwarzwalde eine neue Bahn zum ersten Male ihren Weg nimmt, dann bringt man dem Postwagen und dem Postillion, die beide dem neueren Verkehrsmittel weichen müssen, Huldigungen dar, wie sie ein alter Veteran, der von seinem Posten zurücktritt, verdient. Und dem Postillion sind – wenigstens in früheren Jahren – noch weitere Ehren zu Theil geworden; einige Dichter haben ihn verewigt in Liedern, die bis heute noch gesungen werden. Ob der Trambahnkutscher auch so elegisch durch die deutsche Litteratur geistern wird, wie der letzte Postillion? O nein, sang- und klanglos dürfte er von seinem Platze gehen, während wir uns dem Neuen zuwenden, dem „Feste der reinlichen Flamme“, wie es Ernst von Wolzogen nennt. [u:1aj[album]0[/album]5z]Der[/u:1aj[album]0[/album]5z] Flamme:
[size=85:1aj[album]0[/album]5z]Die uns befreit von Ruch und Ruß,
Die uns erwärmt, die uns bescheint,
Die uns von Pol zu Pol vereint . . . .
Der reinen Flamme der neuen Zeit
Breiten wir grüßend die Arme weit!"[/size:1aj[album]0[/album]5z][/i:1aj[album]0[/album]5z]