Umsteigen auf Zug und Fahrrad Abo
Die Verbraucher reagieren auf die steigenden Sprit- und Energiepreise / Das Konsumklima ist so schlecht wie lange nicht mehr
Von unserer Mitarbeiterin Katharina Wetzel
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Zum Thema Energie lassen sich zwar schöne Bilder machen, die Wirklichkeit ...mehr
FFREIBURG. Mit manchen Preisen verhält es sich so wie mit den Fahrzeugen einer Achterbahn. Sie steigen und fallen auch wieder. Nach den zuletzt horrenden Spritpreisen wollten manche Verbraucher aber nicht auf das Ende der Preisspirale warten. Sie stiegen um und fuhren mit der Bahn oder dem Fahrrad. Passend zum Herbstanfang steigen auch die Gaspreise. Wie gehen die Verbraucher mit den hohen Energiepreisen um?
Der Sommer ist noch nicht vorbei. Viele Verbraucher denken aber schon jetzt an den Herbst und die dann beginnende Heizperiode. "Die Kunden interessieren sich für effizientere Heizungsanlagen und Wärmedämmung, da sie von den hohen Energiepreisen wegkommen wollen" , sagt Manfred Stather. Der Geschäftsführer der Firma E. Stather Sanitär- und Heizungstechnik ist in letzter Zeit besonders gefragt. Die Kunden sind aber noch verhalten. "Die Umsetzung hängt auch von den finanziellen Möglichkeiten ab" , sagt Stather.
Von einem Ansturm sprechen auch regionale Anbieter im öffentlichen Personennahverkehr. Bei der Wahl des Verkehrsmittels spielt der Treibstoffpreis eine zunehmende Rolle. Die Freiburger VAG zählte von Januar bis Juli mehr Fahrgäste als im Vorjahreszeitraum. Auch die Breisgau-S-Bahn verzeichnete eine leichte Zunahme der Fahrgastzahlen. "Durch die hohen Spritpreise ist die Breisgau-S-Bahn für viele die günstigere Alternative" , sagt Geschäftsführer Hans Gornik. Er ist sich daher sicher, dass der Andrang in Zukunft weiter zunehmen wird.
Wegen der hohen Spritpreise lassen manche Autofahrer ihren Wagen stehen und fahren das erste Mal mit der Eisenbahn. So hat das Reisebüro Mobile Reisen, das ausschließlich Bahntickets verkauft, derzeit immer mehr neue Kunden. "Die Verbraucher sind in den vergangenen drei bis fünf Monaten preissensibler geworden" , sagt Matthias-Martin Lübke, Geschäftsführer von Mobile Reisen und einem Car-Sharing-Unternehmen in Freiburg. Über das Reisebüro werden beispielsweise mehr Baden-Württemberg-Tickets verkauft.
Auch das Car-Sharing hat laut Lübke stark zugenommen. Zum einen ist die Zahl der Eintritte und Nachfragen sehr groß. Wegen der hohen Kosten teilen sich immer mehr Autofahrer einen Wagen. Im Vergleich zum vergangenen Jahr würden aber auch mehr Kunden mit dem Auto in den Urlaub fahren. Bei der Mitfahrzentrale in Freiburg gibt es keine signifikante Veränderung. Gefragt ist nach wie vor die Strecke zwischen Freiburg und München. Die Autofahrer verlangen aber von ihren Mitfahrern auch eine höhere Beteiligung an den hohen Spritkosten.
In Sommermonaten wie dem Juli werden normalerweise eher weniger Fahrräder gekauft. Anders ist es in diesem Jahr. Bei Fahrradhandel Radwelt Hild in Freiburg gab es im Juli Umsatzzuwächse. "Immer mehr fahren mit dem Fahrrad zur Arbeit" , sagt Bernd Leitgeb, Verkaufsleiter bei Hild. Im Verkaufsgespräch sagten die Kunden auch, dass sie Benzin sparen wollen.
Auf den Urlaub wollen
viele nicht verzichten
Trotz steigender Energiepreise verzichten die Deutschen nicht auf ihren Urlaub. So meldet der Deutsche Reiseverband, dass die Buchungszahlen wieder über dem Vorjahr liegen. Besonders gefragt sind Ziele am Mittelmeer wie etwa die Türkei, Spanien und Griechenland. Auch Ägypten, Tunesien, Bulgarien verzeichnen hohe Zuwächse. Im Vergleich zum Vorjahr buchten die Bundesbürger deutlich mehr Fernreisen, zum Beispiel in die USA. Einer der wichtigsten Gründe hierfür ist der günstige Kurs des Dollar gegenüber dem Euro.
Gespart wird vielmehr an anderer Stelle: Bei Lebensmitteln, Textilien und größeren Anschaffungen wie Möbeln. Das Geld wird für die höheren Energiepreise benötigt. Bei den Gütern des täglichen Bedarfs versuchen die Verbraucher sich günstiger einzudecken, indem sie etwa bei Discountern einkaufen. Besonders bei Milch- und Backwaren sind die Umsätze seit dem vergangenen Herbst rückläufig.
Ein weiterer Grund für die Kaufzurückhaltung sind neben den hohen Energiekosten die steigenden Lebensmittelpreise. Auch sie drücken auf die Konsumlaune. "Hier haben die Verbraucher besonders sensibel reagiert, da sie Preissteigerungen bei Lebensmitteln nicht gewohnt waren" , sagt Rolf Bürkl. Er erforscht für das Marktforschungsunternehmen GfK die Konsumstimmung der Verbraucher.
Auch im August hat sich die Verbraucherstimmung eingetrübt und ist auf den niedrigsten Stand seit fünf Jahren gesunken. Viele Verbraucher zögerten weiter mit größeren Anschaffungen. Nur wenige rechneten mit einer raschen Konjunkturbelebung. Auch die deutlich gesunkenen Rohölpreise und leicht gesunkenen Benzinpreise hätten die Verbraucherstimmung nicht merklich aufhellen können. Allerdings beurteilten die Haushalte ihre Einkommenssituation nicht mehr ganz so pessimistisch wie in den Vormonaten.